Was ist eigentlich die Lehrerpersönlichkeit und wie entwickelt man sie?
„Personality“ braucht man. Heißt es ja in jeder Castingshow. Aber nicht nur dort: Auch angehende Lehrerinnen und Lehrer hören häufig, dass es einer Lehrerpersönlichkeit bedarf, wenn man in dem Beruf erfolgreich sein möchte.
Aber was ist diese ominöse Lehrerpersönlichkeit eigentlich? Und wie bekommt man sie?
Spätestens im Vorbereitungsdienst werden Sie mit der Lehrerpersönlichkeit konfrontiert. Der Begriff ist schwer zu greifen und verunsichert viele. Dazu kommt, dass „Persönlichkeit“ nach etwas angeborenem, kaum veränderbaren klingt. Die Sorge ist oft: „Was, wenn mir die richtige Persönlichkeit fehlt?“
Anders als die fachliche oder didaktische Kompetenz von Lehrkräften, ist die Lehrerpersönlichkeit aber nicht empirisch messbar, wie Andreas Schelten in seinem Aufsatz „Lehrerpersönlichkeit – Ein schwer fassbarer Begriff“ darlegt. Kritik an dem Begriff bezieht sich häufig auf diesen Punkt.
Was sagen die 5 großen Persönlichkeitsfaktoren über mich als Lehrperson aus?
Aus der Psychologie kommen in Bezug auf die Persönlichkeitsforschung die „Big Five“ bzw. das „Fünf-Faktoren-Modell“.
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Extraversion:
Der Faktor beschreibt das Ausmaß, in dem eine Person „nach außen gewandt“, gesellig und gesprächig ist. Extravertierte Menschen genießen soziale Interaktionen. Dagegen bedeutet Introversion „nach innen gewandt“. Introvertierte Menschen laden ihre Akkus ganz für sich in ruhigen Situationen auf. Der Fokus ist mehr auf das eigene Innenleben gerichtet. -
Verträglichkeit:
Dieser Faktor bezieht sich auf die Kooperationsbereitschaft und den Wunsch nach Harmonie in sozialen Beziehungen. Verträgliche Personen sind oft mitfühlend, nachsichtig und rücksichtsvoll. -
Gewissenhaftigkeit:
Menschen mit Tendenz zur Gewissenhaftigkeit sind organisiert, zielgerichtet, diszipliniert, leistungsbereit und zuverlässig. -
Neurotizismus:
Dieser Faktor bezieht sich auf das Ausmaß, in dem eine Person emotionale Stabilität oder Instabilität aufweist. Neurotische Personen neigen dazu, ängstlich, besorgt und anfällig für negative Emotionen zu sein. -
Offenheit für Erfahrungen:
Wer eine starke Tendenz zu diesem Faktor hat, ist offen für neue Ideen, kreativ, wissbegierig und neugierig.
Diese Persönlichkeitsmerkmale trägt, nach derzeitigem Stand der Forschung, jeder Mensch in unterschiedlicher Ausprägung in sich.
Tendenziell ist es von Vorteil, wenn Sie als Lehrerin oder Lehrer eher kontaktbereit, offen, gewissenhaft und psychisch stabil sind. Aber auch introvertierte Menschen können beispielsweise gute Lehrerinnen und Lehrer sein. Vielleicht ist es phasenweise anstrengender, aber es gibt auch Vorteile.
Mehr dazu erfahren Sie im Beitrag: „Tipps für introvertierte Lehrerinnen und Lehrer“.
Career Counselling for Teachers bietet einen Persönlichkeitsfragebogen für Interessenten am Lehramtsstudium an. In der Auswertung erhalten Sie eine Interpretation der Ergebnisse und Reflexionsbeispiele.
Aber die Persönlichkeitsmerkmale aus der Psychologie sind noch längst nicht alles, was in den Begriff der „Lehrerpersönlichkeit“ hineinspielt.
Erlerntes und Erfahrung – kaum jemand wird mit der perfekten Lehrerpersönlichkeit geboren
Es gibt sie sicher, die Glücklichen, denen die ideale Lehrerpersönlichkeit scheinbar in den Schoß fällt. Aber das ist nur eine sehr kleine Gruppe. Alle anderen müssen an ihr arbeiten und auch die Erfahrung im Beruf trägt zur Entwicklung bei. Wer am Anfang steht, kann noch nicht perfekt sein.
Um die eigene Lehrerpersönlichkeit weiterzuentwickeln, ist es hilfreich, sich selbst zu reflektieren, die eigenen Wertvorstellungen, Stärken und Schwächen zu kennen. Genauso seine Grenzen. So wird es leichter, das eigene Verhalten verstehen zu können und ggf. an ihm zu arbeiten.
Auch für den durch „Visible Learning“ bekannten Pädagogen John Hattie ist das erfolgreiche Lehrerinnen- und Lehrersein weniger von der Persönlichkeit, als von erlernbaren Faktoren und dem Verhalten beeinflusst. Ulrich Steffens vom Hessischen Landesinstitut für Qualitätsentwicklung fasst es gegenüber dem Deutschlandfunk zusammen: „Es gibt die Formel: Auf den Lehrer kommt es an. Hattie variiert diese Aussage und sagt: What Teachers do matters. Und damit geht er von der Lehrerpersönlichkeit weg und lenkt den Blick auf das Handeln von Lehrerinnen und Lehrern. Natürlich gibt es Lehrpersonen, die geschickter oder ungeschickter sind oder die einen besseren Zugang zu Schülern haben. Aber man sollte immer im Blick behalten, dass Lehrer sein auch trainierbar ist, dass bestimmte Verhaltensweisen auch erlernbar sind. Und das ist ja auch mit eine Aufgabe in der zweiten Phase der Lehrerausbildung.“
Aber nun „Butter bei die Fische“:
Was macht eine gute Lehrerpersönlichkeit aus?
Kriterien für die Bewertung der Lehrerpersönlichkeit sind häufig:
- Körpersprache/Auftreten
- Rollenverständnis und Rollenakzeptanz als Lehrerin/Lehrer
- Sprache/Umgangston
- Umgang mit Schülerinnen und Schülern
In allen Bereichen schadet es nicht, möglichst authentisch zu sein und sich nicht krampfhaft anders zu geben, als man ist.
Klarheit, Fairness, Verlässlichkeit und Konsequenz genauso wie Humor, Wertschätzung, Toleranz und ein integrativer Stil werden nicht nur bei den Prüferinnen und Prüfern während des Vorbereitungsdiensts, sondern auch von den Schülerinnen und Schülern geschätzt. Die Lehrerpersönlichkeit spielt deshalb v. a. auch in der Lehrer/Lehrerinnen-Schüler/Schülerinnen-Beziehung eine wichtige Rolle.
Fazit
Abschließend kann man vielleicht sagen, dass sich eine stabile Lehrerpersönlichkeit aus den eigenen Persönlichkeitsmerkmalen, erlernten Soft Skills und Erfahrung zusammensetzt.
Es gibt daher nicht die eine Lehrerpersönlichkeit. Lehrerinnen und Lehrer sind genauso individuell verschieden in ihrer Persönlichkeit wie Schülerinnen und Schüler. Es gibt natürlich Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale, die Ihnen in dem Beruf einen Vorteil bringen. Aber nicht jede Eigenschaft ist bei jedem gleich ausgeprägt. Jeder hat Stärken und Schwächen. Wenn einige grundlegende Punkte gegeben sind, müssen Sie sich keine Sorgen in Bezug auf Ihre Lehrerpersönlichkeit machen.
Quellen:
- Andreas Schelten: Lehrerpersönlichkeit – Ein schwer fassbarer Begriff, In: Die berufsbildende Schule 61(2009)2, S. 39 -40.
- Marian Duhre, Lehrerpersönlichkeit: Analysen zur Rekonstruktion und Verwendung des Begriffes im Zusammenhang professionalisierter Lehrerbildung, 2015.
- Spektrum.de: Big Five Persönlichkeitsfaktoren
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